Farm in der Nähe von Whananaki

 

Nun also zu meiner aktuellen Lage. Seit Montag befinde ich mich auf einer neuen Farm bei einer Frau, Diane, aus Kanada und einem Mann, Tim, der Maori ist. Er stammt also auch ursprünglich aus Neuseeland. Und ja, ich bin hier her gekommen, um auch andere Kulturen näher kennenzulernen, aber es ist doch schon ziemlich anders als in Deutschland. Also für die Neuseeländer, die keine Maori sind, kann ich jetzt nicht sprechen, weil ich bis jetzt noch bei keinem gelebt hab, aber die, die ich kennengelernt hab, sind eigentlich eher wie Europäer. Was man von den Maori nicht behaupten kann. Am Anfang fand ich es eigentlich ganz gut hier, aber in den letzten Tagen bin ich einfach nur genervt. Tim und Diane sind eigentlich so an sich nett, aber Tim ist so eine anstrengende Persönlichkeit. Es ist schwer zu beschreiben, aber auf Dauer könnte ich hier nicht leben. Er trinkt auch jeden Tag Bier, also er ist nicht betrunken oder so aber jeden Tag muss es ja jetzt auch nicht sein. Habe hier wahrscheinlich noch Glück, da es anscheinend üblich bei ihnen ist, viel und oft zu trinken. Julia hat dazu mal gesagt „ If you stay with the maori people and they get drunk than there is nothing under control“. Bin deswegen auch froh, dass Diane da ist, weil sie halt viel mehr so europäisch ist. Es ist nicht so, dass ich nicht offen für neue Kulturen bin, aber es gibt halt manche Sachen, mit denen ich mich nicht so anfreunden kann. Am Anfang hatte es auch so den Anschein, dass wir morgens immer arbeiten und nachmittags was unternehmen, was bis jetzt aber auch nur ein-, zweimal der Fall war. Das alles mag sich jetzt irgendwie ziemlich negativ anhören. Und soo mega schlecht ist es jetzt auch nicht, aber dazu hat auch ein Streit am Freitag beigetragen... Das war irgendwie so ein Knackpunkt, denn seitdem ist es irgendwie nicht mehr, wie es vorher war.

 

 

 

Es war schon die ganze Zeit so, dass er sich beschwert hat, wenn wir deutsch geredet haben, obwohl er noch nicht mal in der Nähe war. Ich kann ja verstehen, dass es unhöflich ist, wenn man zusammen in einem Raum ist oder am Tisch sitzt und man dann deutsch redet und die anderen einen nicht verstehen, aber so war es gar nicht. Wir, also Tessa, das Mädchen, das mit mir hier ist und ich reden immer Englisch, auch untereinander, wenn wir zusammen mit Tim oder Diane sind. Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn wir mal kurz deutsch reden, wenn wir draußen Feuerholz stapeln und er IM Haus ist und halt das Fenster offen ist und er sich dann beschwert. Weil wir waren ja eigentlich für uns so allein. Und es ist halt anstrengend immer nur Englisch zu reden, besonders am Anfang, wenn man sich noch nicht so gut ausdrücken kann. Und wenn niemand so in der Nähe ist, der kein Deutsch versteht ist es ja auch eigentlich nicht so das Problem, meiner Meinung nach. Am Freitag haben wir dann beim Abendessen gesessen und ich habe was nicht verstanden und hab Tessa gefragt, ob sie es mir kurz auf Deutsch übersetzen kann (er hat am Anfang übrigens gesagt, dass das ok wäre) und dann ist er komplett ausgerastet. Dann hat er die ganze Zeit gesagt, sie wäre nur zu faul, mir das auf Englisch zu erklären blabla, aber es ist ja wohl einfacher kurz zu sagen, ja das heißt das Wort auf Deutsch, dass ich es auch verstehe, als es mir in 500 Sätzen auf Englisch zu erklären und am Ende hab ich es immer noch nicht richtig verstanden. Das war ja jetzt keine ganze Unterhaltung auf Deutsch. Fande das sehr unfair uns gegenüber, da wir uns wirklich Mühe geben immer Englisch zu reden und dann bei einem Satz so auszurasten, fand ich einfach mega unangebracht. Seit dem ist die Stimmung irgendwie anders und er sagt jetzt immer wenn wir Englisch reden, ja sagts doch auf Deutsch, das ist einfacher. Da kommt man sich jetzt noch viel dummer vor. Die Krönung war dann, als wir bei einem Freund von ihm so Holzstämme hin und her tragen mussten, hat der Vater von dem Freund von Tims Tochter, der auch da war, gesagt, ja dass wir ja hart arbeiten würden und er so „they really piss me off“ Ja, danke dafür.

 

 

 

Und jetzt will er es glaube ich wieder gut machen und ist immer so übertrieben nett. Aber naja. Es gibt aber auch gute Sachen. So sind wir an den Strand und an den Fluss von Whananaki gefahren. Hier haben die Flüsse auch Ebbe und Flut, weil sie meistens schon um die nächste Ecke ins Meer münden. Wir sind dann bei Ebbe, mit meinem dicksten Pulli, kurzer Hose und Gummistiefeln – sehr stylisch- durchs kniehohe Wasser gewatet und haben dort nach speziellen neuseeländischen Muscheln gesucht, die man auch essen kann, das war eigentlich ziemlich lustig. Dann waren wir auch in der Grundschule, weil Diane dort arbeitet und bei Tims Tochter zum Abendessen. Ist hier anscheinend so üblich, wenn die Gastgeber noch nicht da sind, dass man dann mit einem Ersatzschlüssel einfach ins Haus geht und sich da vor den Fernseher sitzt und sich wie zuhause fühlt. Wir waren dann 10 Leute, Diane, Tim, Tessa und ich, ihre Tochter Ayla, ihr Freund Steve, dessen Eltern, Hans und Ilonka, die aus den Niederlanden kommen und zwei Freunde von ihnen. Sie ist aus der Schweiz, er aus Neuseeland. Sie haben sich aber in Kanada kennengelernt und sich dann später immer in London oder in der Schweiz getroffen. Sie hat seine Eltern bis jetzt auch nur über Skype gesehen, obwohl sie schon seit 2 Monaten verheiratet sind...

 

 

 

Und ich durfte hier auch endlich mal Auto fahren:) Es ist schon recht ungewohnt am Anfang, besonders das Schalten mit links und dass der Blinker auf der rechten Seite vom Lenkrad ist. Aber ich denke, dass man sich daran recht schnell gewöhnt, wenn man oft fahren würde. Aber bin froh, dass ich es schon mal gemacht habe, falls wir mal ein Auto mieten oder so.

 

 

 

Meine Arbeit besteht hier aus Rasen mähen (besonders lustig, wenn der Garten ein einziger steiler Berg mit Löchern ist, wo man den Rasenmäher dauernd festfährt), Bretter an die Wand nageln, Hütten ausräumen, Feuerholz stapeln, abgeschnittene Äste wegräumen, Hühner und Enten füttern, beim Kochen und beim Abwasch helfen, die Terrasse von den Hinterlassenschaften der Hühner befreien (hat nach 2 Stunden ungefähr wieder genauso ausgesehen wie vorher), Unkraut jäten (zur Abwechslung mal wieder ;D) und mit den Bienen helfen. Ich stehe dann mit so einem schönen Anzug in einem Schwarm von Bienen und rieche wie ein Räucherstäbchen, weil man mit Rauch, die Bienen vertreiben will. Wenn möglich sollte man auch keine Panikattacke bekommen ;). Es ist ganz cool, das mal zu machen, aber ich könnte es mir jetzt nicht vorstellen Bienen zu halten, weil man halt jeden Tag die Bienenstöcke kontrollieren und manchmal auch die Königin in all den Bienen suchen muss. Das kann dann schon mal dauern, bis man da mit allem fertig ist.

 

 

 

Heute habe ich zum Glück frei, da wir gestern den ganzen Tag gearbeitet haben. Und es regnet natürlich mal wieder ^^ Bin mal gespannt, wie es die Tage noch so wird, da Tessa am Dienstag geht und ich bis Samstag ja noch da bin.

 

 

 

Bis dann

 

Nina

 

Foto 1-3: Whananaki Strand

Foto 4: Tim

Foto 5: nächtliches Tiertreffen in unserem Zimmer

Foto 6: Aussicht auf den Garten (den ich gemäht hab haha, ist aber in echt viel steiler)

Foto 7: Tessa und ich beim Bretter an die Wand nageln

Foto 8-9: Verzweifelter Versuch den Stein zu bewegen ;D

Foto 10: Tessa und ich in unseren Imkeranzügen, Tessa hat das "Qualmgerät" in der Hand

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Kommentare: 1
  • #1

    Annette (Sonntag, 05 November 2017 16:59)

    Hallo Nina,
    schön, mal wieder von dir zu lesen.
    Ist schon spannend, mit was du alles in Berührung kommst ! Wenn auch nicht ganz ungefährlich, also vor Bienen habe ich echt Respekt !!!
    Die Bilder sind ja klasse, freue mich dich so strahlend zu sehen. Also für das tägliche Leben hier lernst du ja sehr viel, da können wir ja alle in Zukunft Hilfe von dir kriegen...hihi....
    Wir waren das Wochenende mal wieder im Thermalbad, die alten Knochen pflegen ;-)
    Liebe Grüße an dich und pass gut auf dich auf,
    alles Gute Annette und Co.